Zusammenfassung: Der Beitrag vergleicht die Vornamengebung zu Zeiten des geteilten Deutschlands. Anhand neuer Vornamen-Kartierungsmöglichkeiten kann gezeigt werden, dass ostdeutschen Kindern in größerem Ausmaß als in der BRD amerikanische und romanische Namen gegeben wurden, während russische Namen regelrecht gemieden wurden. Außerdem wurden solche ethnisch beziehungsweise national markierten Namen auf graphematischer, phonologischer wie morphologischer Ebene zur Darstellung der Geschlechterdifferenz genutzt: Amerikanische Namen auf -y (‚Mandy‘, ‚Cindy‘) wurden vorrangig an Mädchen und italienische beziehungsweise italienisch anmutende Namen auf -o (‚Enrico‘, ‚Tino‘) an Jungen vergeben. Damit werden beide Geschlechter durch saliente Na-menendungen exponiert. Männernamen auf -us und solche Namen, die auf die klassischen Bildungssprachen Latein und Griechisch verweisen, wurden dagegen im Osten gemieden und im Westen bevorzugt. Alles in allem hat sich im Laufe weniger Jahrzehnte eine rigide onymische deutsch-deutsche Grenze etabliert.

Abstract: The article compares given names in the former German Democratic Republic (GDR) and the Federal Republic of Germany (FRG). By using new mapping tools for given names, it can be shown that American and Romanic names were frequently given to East German children, while Russian names were rarely given, even avoided. Such ethni-cally or nationally marked names display gender differences on a graphematic, phonological and morphological level: American names ending in -y (‚Mandy‘, ‚Cindy‘) were primarily assigned to girls, while Italian or Italian-looking names ending in -o (‚Enrico‘, ‚Tino‘) were assigned to boys. This exposes both genders through salient name endings. Furthermore, male names ending in -us and names referring to the classical languages Latin and Greek were avoided in the East, but preferred in the West. All in all, a rigid onymic German-German border has been established over the course of a few decades.